In der IT-Sicherheit ist es entscheidend, Schwachstellen und Risiken schnell zu bewerten, um effektive Schutzmaßnahmen priorisieren zu können. Der CVSS-Score bietet dafür eine standardisierte Grundlage, ist jedoch nur ein Teil der gesamten Risikoanalyse. In diesem Beitrag zeigen wir, wie der CVSS-Score in Kombination mit weiteren Kriterien sinnvoll eingesetzt wird, um Sicherheitsrisiken zu bewerten und gezielt darauf zu reagieren.
Was ist der CVSS-Score?
Der Common Vulnerability Scoring System (CVSS) ist ein global anerkannter Standard zur Bewertung von Schwachstellen. Er hilft IT-Teams und Entscheidungsträgern, Risiken einzuschätzen und Maßnahmen nach ihrer Dringlichkeit zu priorisieren.
Die Skala reicht von 0.0 bis 10.0, wobei ein höherer Wert eine größere Bedrohung signalisiert. Die CVSS-Bewertung wird in drei Stufen unterteilt:
- Basis-Metriken: Beschreiben, wie leicht eine Schwachstelle ausgenutzt werden kann und welche Auswirkungen sie hat.
- Temporäre Metriken: Berücksichtigen Faktoren wie die Verfügbarkeit von Exploits oder vorläufigen Patches.
- Umgebungsmetriken: Passen die Bewertung an die spezifische IT-Infrastruktur eines Unternehmens an.
Ein Beispiel: Eine Schwachstelle mit einem CVSS-Score von 9.8 deutet auf ein kritisches Risiko hin, insbesondere wenn sie aus der Ferne ohne Authentifizierung ausnutzbar ist.
Die Skala im Detail
Der CVSS-Score wird in vier Kategorien unterteilt, die den Schweregrad einer Schwachstelle anzeigen. Diese Kategorien helfen, Risiken schnell zu bewerten und priorisieren:
- Niedrig (0.0 – 3.9):
Schwachstellen in diesem Bereich stellen nur ein geringes Risiko dar. Sie erfordern meist besondere Bedingungen, um ausgenutzt zu werden, oder haben nur minimale Auswirkungen. Ein Beispiel wäre ein Bug, der nur bei sehr spezifischen Systemkonfigurationen auftritt und keine Daten oder Funktionen beeinträchtigt.
- Mittel (4.0 – 6.9):
Hier geht es um Schwachstellen, die zwar ausnutzbar sind, aber keine gravierenden Schäden verursachen. Ein typisches Beispiel wäre ein Problem, das Zugriff auf unkritische Systeme ermöglicht, ohne die Kerninfrastruktur zu gefährden. Unternehmen sollten diese Schwachstellen beheben, um die Angriffsfläche zu reduzieren, aber sie haben in der Regel keine hohe Priorität.
- Hoch (7.0 – 8.9):
Schwachstellen in dieser Kategorie sind potenziell gefährlich und können erhebliche Folgen haben, wenn sie ausgenutzt werden. Dazu gehören etwa Schwachstellen, die es Angreifern ermöglichen, sensible Daten zu lesen oder eingeschränkten Zugriff auf ein System zu erhalten. Beispielsweise könnte ein Angreifer durch einen Buffer Overflow bestimmte Funktionen eines Systems manipulieren.
- Kritisch (9.0 – 10.0):
Diese Schwachstellen stellen das höchste Risiko dar und erfordern sofortige Maßnahmen. Häufig sind sie leicht ausnutzbar, wirken sich schwerwiegend aus und können von Angreifern aus der Ferne ohne Authentifizierung ausgenutzt werden. Ein Beispiel ist eine Zero-Day-Schwachstelle in einer weit verbreiteten Software, bei der bereits Exploits existieren.
Diese Kategorien dienen als Orientierungshilfe, sollten aber stets im Kontext der eigenen IT-Landschaft betrachtet werden.
Warum der CVSS-Score allein nicht ausreicht
Der CVSS-Score liefert eine objektive Grundlage zur Bewertung von Schwachstellen. Doch die Realität in Unternehmen ist oft komplexer, sodass weitere Faktoren einbezogen werden müssen:
- Kontextabhängigkeit:
Eine Schwachstelle mit einem niedrigen CVSS-Score kann kritischer sein, wenn sie in einem zentralen System auftritt, wie beispielsweise in einer Finanzanwendung oder einem Authentifizierungsserver. Hier ist es wichtig, die Business-Relevanz zu bewerten, um die tatsächliche Dringlichkeit zu bestimmen.
- Indicators of Compromise (IoCs):
Diese Indikatoren, wie verdächtige IP-Adressen oder Datei-Hashes, können darauf hinweisen, dass eine Schwachstelle aktiv ausgenutzt wird. Ein Beispiel wäre ein bekanntes Malware-Muster, das in einem Unternehmensnetzwerk erkannt wird. Wenn IoCs vorhanden sind, sollte die Schwachstelle sofort priorisiert werden.
- Business-Kritikalität:
Auch Systeme, die geschäftskritische Prozesse unterstützen, wie ERP- oder CRM-Systeme, müssen bei der Priorisierung berücksichtigt werden. Selbst eine Schwachstelle mit mittlerem CVSS-Score kann hier erhebliche Auswirkungen haben, wenn der Betrieb dieser Systeme beeinträchtigt wird.
Empfohlene Ansätze zur Bewertung von Risiken
Eine fundierte Bewertung von Risiken erfordert die Kombination verschiedener Ansätze, um ein vollständiges Bild zu erhalten:
- Kombinierte Risikoanalyse:
Der CVSS-Score sollte als Grundlage genutzt werden, ergänzt durch interne Analysen, die die spezifischen Anforderungen der eigenen IT-Infrastruktur berücksichtigen. Zum Beispiel könnte eine Schwachstelle in einem Backup-System trotz eines moderaten Scores priorisiert werden, da sie die Wiederherstellung im Notfall gefährden könnte.
- Priorisierung durch Automatisierung:
Tools wie Schwachstellen-Scanner oder SIEM-Systeme können den CVSS-Score mit IoCs und Umgebungsdaten kombinieren, um Priorisierungen automatisch zu erstellen. Diese Tools reduzieren den manuellen Aufwand und sorgen für konsistente Entscheidungen.
- Regelmäßige Updates und Überwachung:
Schwachstellenbewertungen sind nicht statisch. Neue Exploits oder Veränderungen in der IT-Landschaft können die Priorität einer Schwachstelle erhöhen. Ein Beispiel ist eine temporär kritische Schwachstelle, die durch einen neuen Exploit plötzlich gefährlich wird.
Best Practices für Unternehmen
Um Sicherheitsrisiken effektiv zu managen, sollten Unternehmen klare Prozesse etablieren:
- Schwachstellen priorisieren:
Legen Sie fest, welche Kriterien für Ihr Unternehmen entscheidend sind. Dies kann die Kombination aus CVSS-Score, IoCs und interner Kritikalität sein. Ein strukturiertes Framework sorgt für klare Entscheidungen, welche Maßnahmen zuerst umgesetzt werden müssen.
- Transparente Kommunikation:
Nutzen Sie Berichte, die verständlich und standardisiert sind, um Risiken intern zu kommunizieren. Beispielsweise können farbcodierte Risikoeinstufungen oder einfache Dashboards dazu beitragen, den Handlungsbedarf klar darzustellen.
- Zusammenarbeit mit Herstellern:
Bleiben Sie mit den Herstellern Ihrer eingesetzten Software im Austausch. Sicherheitsmeldungen von Herstellern enthalten oft zusätzliche Details, wie verfügbare Mitigationen oder spezifische Update-Empfehlungen, die den CVSS-Score ergänzen.
Fazit
Die Bewertung und Priorisierung von Sicherheitsrisiken ist ein komplexer Prozess, bei dem der CVSS-Score eine zentrale Rolle spielt. Um die Sicherheit Ihrer IT-Infrastruktur zu gewährleisten, sollten Sie diesen jedoch immer im Kontext weiterer Faktoren betrachten.
Im nächsten Beitrag der Blogreihe werden wir uns ausführlich mit den Indicators of Compromise (IoCs) befassen und zeigen, wie diese genutzt werden können, um Angriffe frühzeitig zu erkennen und gezielt darauf zu reagieren.
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